Transport Fever 2 im Test (PC): Die Revolution bleibt aus

von Marco Mainz

Rund drei Jahre nach dem ersten Teil veröffentlichen die schweizerischen Entwickler von Urban Games in Kooperation mit Indie-Publisher Goodshepherd Transport Fever 2. Die Transportsimulation hat einige neue Features an Bord, für Besitzer des Vorgängers könnte ein Umstieg zum Vollpreis allerdings weniger lohnenswert sein.

Drei Epochen Transporthistorie

Von der Dampflok bis zum Hochgeschwindigkeitszug: Transport Fever 2 vereint 150 Jahre geballte Transporthistorie in einem Spiel. Mehr als 200 verschiedene Fahrzeuge aus drei Epochen können im Spiel gebaut und auf Reise geschickt werden. Zum besseren Kennenlernen der einzelnen Flugzeuge, Kutschen und co. gibt es drei Story-Kampagnen, die neben einem narrativen Element auch gleich die Aufgabe des Tutorials übernehmen.

Gamescom 2019: Wir haben Publisher Good Shepherd besucht und uns Transport Fever 2 angeschaut.

Was sofort auffällt ist, dass einerseits die Aufgaben innerhalb der Kampagne etwas zu leicht für Veteranen sind, auf der anderen Seite dafür nicht ganz selbsterklärend für Neueinsteiger. Zu Letzteren zähle ich mich selbst und war anfangs kaum in der Lage Schienen für den Bau zu rotieren. Da half auch das überlange Steuerungsmenü nicht, das wohl ausgerechnet jenen Befehl verschweigt. Meine persönliche Erfahrung ist allerdings weniger repräsentativ, speist sich die Spielerschaft von Transport Fever 2 größtenteils aus erfahrenen Recken.

Dampfmaschinen sind noch en vogue. Das Spiel startet im 19. Jahrhundert | Bildquelle: Urban Games

Dass besonders die alteingesessenen Spieler mit kritischem Blick auf das Sequel blicken, hängt auch mit der Simplifizierung der Simulation zusammen. War beim Vorgänger noch eine äußerst akkurate Planung von Transportwegen gefragt, geht es im zweiten Teil deutlich leichter von der Hand. Städte benötigen beispielsweise lediglich zwei unterschiedliche Ressourcen, was die Transportnetzplanung vereinfacht.

Etwas unrealistisch ist zudem, dass Fabriken unendlich viel produzieren, selbst dann, wenn noch keine Abnehmer für die Produkte gefunden wurden. Was ebenfalls im Nachfolger fehlt: Die spielerische Gewalt, jeden Wagon eines Zuges mit unterschiedlichen Gütern zu beladen. Komplexe Mehrstufen-Stopps, bei denen beispielsweise zuerst Abnehmer für Getreide und anschließend für Steine angesteuert werden, fällt im neuen Teil flach. Jedes Gut benötigt eine eigene Transportlinie mit eigenem Vehikel.

Detailreichtum bis in das hinterste Fabrikgelände | Bildquelle: Urban Games

Für die wirtschaftsorientierten Spieler gibt es dennoch noch ein neues elementares Feature: Die Overlays. So können sich Hobby-BWLer in Transport Fever 2 nun durch signalfarbene Overlays Bedürfnisse der Städter anzeigen. Unter anderem den Verkehrsfluss oder die neue Emissionsbelastung, welche selbstredend besonders von den krachenden Dampflokomotiven ausgeht. So erhält der Titel stadtplanerische Züge, kratzt aber zu keiner Zeit an Maßstäben wie beispielsweise von Cities: Skylines.

Kreativität freien Lauf lassen

Eines der größten neuen Features ist der Map Editor. Besonders für die vielen Schönbauer kommt endlich von Haus aus ein Tool, mit dem sich jeder eine digitale Modelleisenbahn erstellen kann. Durch Mods ließen sich zwar auch im Vorgänger problemlos Karten editieren, mit dem zweiten Teil jedoch nun auch ganz offiziell. Es ist daher eher ein Zeichen seitens der Entwickler, die ihrer Community sagen wollen: “Wir hören euch!”.

Ganz spannend an dem Tool: es lässt sich live im freien Spiel aktivieren. Unpassende Erhebungen in der Landschaft? Weg damit! Zu viele Bäume im Süden der Karte? Wegholzen! Auf Knopfdruck geht es live weiter, als wäre nichts gewesen. Fans einer bestimmten Epoche können nun auf Ewig in einer Zeitlinie bleiben. Möglich gemacht wird dies durch zwei unabhängig voneinander agierende Zeitläufe – die Spielgeschwindigkeit, die hoch- und runterskaliert werden kann sowie die Ingame-Zeit, bei der die Tage langsamer vergehen oder gar die Zeit einfriert. Einmal mehr also perfekt für all jene, die sich auf das Schönbauen fokussieren.

Schick und akkurat: Stellenweise fühlt es sich wie eine digitale Modelleisenbahn an | Bildquelle: Urban Games

Wenn wir schon beim Thema Schönheit sind, dann lässt sich keineswegs das schnieke Grafikupdate verheimlichen, das nun mit dem Sequel daherkommt. Die Macher legen in ihrer Arbeit nicht nur auf aufgehübschte Modelle, sondern auch auf viele kleine Details wert. Besonders die hin und wieder vorspringenden Tiere sind immer eine Nahaufnahme wert.

Fazit

Transport Fever 2 hat lange auf sich warten lassen. Der nun zweite Serienteil von Urban Games ist eher durchwachsen. Die Transportsimulation mit Modelleisenbahnflair besticht durch Detailreichtum und schier unendlichen Editormöglichkeiten und lässt damit die Herzen von Schönbauern höher schlagen. Die konservative Tycoon-Spielerschaft könnte sich durch die simplifizierten Features jedoch unterfordert fühlen. Auch Fans komplexer Wirtschaftssimulationen sollten wegen der mangelnden Tiefe vorsichtig sein. Tatsächlich sind es Neueinsteiger, die dank einer strukturierten Kampagne inklusive Tutorials viele spaßige Stunden in das Spiel legen können.

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