Pecaminosa im Test (PC): Dunkel war’s im Pixelparadies

von Marco Mainz
Pecaminosa Key Art

„Noir“ –  das nimmt Pecaminosa wörtlich. Nicht nur trieft der Titel von Cereal Games vor billigem Whiskey, abgerissenen Gestalten und jeder Menge Waffen. Nein, auch die Farbgebung liebt die schwarze Optik ganz besonders.

John Souza war Polizist, doch sein letzter Fall lief gewaltig schief. Er fiel bei der Polizei in Ungnade, verlor mit dem Job auch jede Motivation und stürzte ab. Seitdem liegt er in Unterwäsche auf seinem Bett und trinkt Hochprozentiges. Darum hält er es auch erst für eine Halluzination, als plötzlich sein alter Erzfeind Charlie an seinem Bett steht.

Charlie ist oder besser war ein lokaler Gangsterboss. Denn eigentlich ist er tot und unter der Erde. Was ihn allerdings nicht davon abhält, John in Geisterform ein verlockendes Angebot zu unterbreiten: Wenn er ihm helfen würde, einige alte Rechnungen zu begleichen, dann würde er ihm Informationen zu seinem verschwundenen Partner liefern. Und so begibt Souza sich auf einen Rachefeldzug, der nicht sein eigener ist.

Im Sündenpfuhl der 1940er Jahre

Pecaminosa ist der Name der Stadt, der übersetzt „sündhaft“ bedeutet. Und das beschreibt das vorherrschende Ambiente recht treffend. Die aneinandergereihten Häuser, die labyrinthartig gewundene Straßen säumen, wirken heruntergekommen.

Pecaminosa Gameplay

Freund von Feind zu unterscheiden kann bei der Farbgebung schon mal schwierig werden. | Quelle: Cereal Games

Je weiter wir uns vom Zentrum entfernen, desto unwirtlicher wird die Gegend. Nur ein paar Leuchtreklamen erhellen die Straßen, ansonsten ist es zappenduster. So dunkel, dass wir zeitweise Schwierigkeiten hatten, uns zu orientieren, denn in dem kontrastarmen Schwarz-in-Schwarz erkennen wir kaum die begehbaren Wege.

Glücklicherweise wird uns das in Form einer Minimap abgenommen, die mithilfe von Pfeilen das nächste Ziel vorgibt. Auf den leeren Straßen heulen Sirenen, außerdem stehen an jeder Ecke Taxis, die uns für ein paar Chips an jeden Punkt der Stadt bringen. Geizige Spielerinnen und Spieler können aber auch laufen und sich das Geld für eine Partie Blackjack sparen.

Blackjack und Knarren zum verlieben

Das RPG kennt zwei Währungen: Chips und Whiskey. Erstere dienen als Geld, sodass Souza sich Munition kaufen oder eben ein Taxi bezahlen kann. Das stark alkoholische Getränk namens Mack Daniels füllt den Lebensbalken auf und kann so im Kampf als Heiltrank genutzt werden.

Gegner droppen, wenn getroffen, sowohl Chips als auch Whiskey und Munition. Außerdem lassen sich Booster finden, die für kurze Zeit den Glückswert erhöhen. Das führt uns zu den rollenspieltypischen Charakteranpassungen: Zwar gibt es keinen Skill-Tree, verdiente Punkte lassen sich aber in Fähigkeiten investieren.

Pecaminosa Glücksspiel

Glücksspiel darf natürlich in einem Noir-Setting nicht fehlen. | Quelle: Cereal Games

Im sogenannten L.I.F.E-System stehen vier Fähigkeiten zur Verfügung, Glück, Schaden, Ausdauer und Intelligenz. Je nach Spielstil können wir so zu einem brutalen Rambo oder zum smarten James-Bond-Typ werden. Während Intelligenz im Gespräch neue Verhandlungsmöglichkeiten öffnet, machen wir mit erhöhter Stärke mehr Schaden.

Kaum Variation im Kampf

Den können wir vor allem im Kampf gegen die Gegner gut gebrauchen. Charlie hat uns eine Liste mit Namen hinterlassen, die wir nun gewissenhaft abarbeiten. Dazu folgen wir den Spuren der Gangster durch die Stadt, erledigen für Gefälligkeiten kleinere Aufgaben und erhalten Hinweise auf den Verbleib der Gesuchten.

Sobald wir sie aufspüren, kommt es zum Kampf. Dabei folgt jeder Gangster seinem eigenen Muster und verwendet andere Waffen, sodass die Duelle stets abwechslungsreich sind. Zumal jeder Gegner sein eigenes Theme hat, mal kämpfen wir an einem riesigen Pokertisch, mal auf einer verlassenen Baustelle.

So verschieden die Schauplätze auch sind, so ähnlich ist die Vorgehensweise: ausweichen, schießen, Loot einsammeln. Das geht über Stunden hinweg, sodass sich ein gewisser Ermüdungseffekt einstellt.

Pecaminosa Bosskampf

Die Bosskämpfe sind fordernd und abwechslungsreich – die größte Stärke des Action-RPGs. | Bildquelle: Cereal Games

Pecaminosa legt sehr viel Wert darauf, ein faires Spiel zu sein, wenn wir also sterben, sind wir selbst schuld. Grundsätzlich stimmt das, allerdings ist es uns mehrfach passiert, dass wir schlecht vorbereitet in einen Kampf gingen.

Außerdem war unsere Munition stets knapp, und geht sie in einem Bosskampf zur Neige, stehen unsere Überlebenschancen schlecht. Die meisten Gegnertypen lassen sich kaum im Faustkampf besiegen, diesen haben wir nur gegen Kisten und Müllsäcke genutzt. Auch der Ausweichdash hilft kaum weiter, reduziert er doch unser Tempo. Bedauerlicherweise gibt es keine einstellbare Schwierigkeit, die Anfängern den Einstieg erleichtern könnte.

Nur wer den Kampf sucht, wird mit Pecaminosa glücklich

Selbst speichern können wir nur an Schreibmaschinen, die in gewissen Gebäuden im Eingangsbereich stehen. Vor Kämpfen speichert Pecaminosa automatisch, erlaubt also nach dem Ableben einen schnellen Wiedereinstieg.

Wer sich doch nicht gut genug vorbereitet fühlt, lädt einfach einen alten Spielstand und rüstet nach. Tatsächlich bleibt die Story sehr blass rückt im Vergleich zu den Kämpfen in den Hintergrund. Mehr als Geplänkel wird zwischen Souza und den Köpfen, auf die er angesetzt ist, nicht ausgetauscht.

Pecaminosa Pixel

Es sind seltene Impressionen, welche die Pixeloptik zur Geltung bringen. | Bildquelle: Cereal Games

Die Nebencharaktere dienen oft nur als Wegweiser. Für ein Rollenspiel bleibt die Charakterentfaltung zu flach und die Figureninteraktion zu kurz. Nachdem wir ausführlich das Gameplay behandelt haben, verlieren wir noch ein kurzes Wort zu den audiovisuellen Eindrücken. Der Soundtrack ist wenig herausragend und trotz jazziger Anklänge repetitiv.

Da spielen schon mal minutenlang die gleichen drei Akkorde, was bestenfalls unauffällig ist. Das passt zur pixeligen Optik, die zwar gelungen, aber wenig abwechslungsreich ist. Die dunklen Farbtöne der Stadt werden zwar durch hellen Sand in der Wüste oder ein nebeliges Labyrinth ergänzt. Dennoch fühlen sich die Settings generisch und schlauchartig verzweigt an.

Fazit

Mit einer Gesamtspielzeit von etwa dreieinhalb Stunden ist Pecaminosa nicht lang, hat aber trotzdem spielerische Längen. Abgesehen von seiner großen Stärke, den spannenden Bosskämpfen, fanden wir das neueste Rollenspiel im Roster von BadLand Publishing insgesamt recht einfallslos.

Als Action-RPG der alten Schule lässt der neue Streich von Cereal Games etwas die Kreativität vermissen und verliert sich in immer gleichen Kämpfen in wechselnden Umgebungen. Die typischen Noir-Anleihen finden sich an jeder Ecke, lassen aber trotz gelungener Pixelgrafik die Atmosphäre vermissen.

Für ein Rollenspiel zu linear, für ein Detektivabenteuer zu kampflastig und für einen Top-Down-Shooter zu wenig abwechslungsreich fehlt Pecaminosa der letzte Pfiff.

Pecaminosa ist etwas für Anhänger von Retro-Shootern aus der Vogelsperspektive, die ein Noir-Setting reizt.

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