Moss im Test (PS4): Eine kleine Maus ganz groß

von Marco Mainz
Maus Quill und der Leser schauen sich an.

Ein kurzlebiges Jump ‘n’ Run mit niedlicher Besetzung. Was verdächtig nach Nintendo klingt, hat doch tatsächlich bei Sony sein Zuhause gefunden. In Moss, dem neuen Puzzle-Adventure für die Playstation VR, knüpfen wir Freundschaft mit der kleinen Mausedame namens Quill und stürzen uns mit ihr ins Abenteuer. Dabei nimmt Entwickler Polyarc Games Rücksicht auf die Besonderheiten von VR und leistet Pionierarbeit im Genre.

In Gestalt eines sogenannten “Lesers” treffen wir Quill an einer Waldlichtung. Ein Blick in das spiegelnde Wasser zeigt unser großes, mystisches Antlitz. Maskentragend und in blau-leuchtenden Farben umhüllt, gleichen wir einem friedvollen Waldgeist, der mit dem kleinen Tier in Kontakt tritt. Die Verbindung zwischen Maus und Leser entsteht durch das sogenannte Glas-Relikt, das Quill an der selben Lichtung findet und mit zu ihrem Onkel Argus nimmt.

Als dieser wenig später vom Relikt erfährt, ahnt er allerdings Schlimmes. Quill sei in Gefahr. Sie soll im Schutze des Dorfes bleiben, während er heldenhaft loszieht um das anbahnende Unheil abzuwenden. Wir erfahren nicht genau was Argus vor hat, nur dass es ihn zum alten Königreich zieht. Doch einfach nur rumsitzen ist nicht! Quill ist gewillt ihrem Onkel zu folgen und macht sich noch in derselben Nacht auf dem Weg um ihm zu helfen. Wir begleiten sie fortan auf Schritt und Tritt. Und so beginnt sie, die Reise von Maus und Leser.

Limitiertes Gameplay trübt Gesamteindruck

In gewohnter Jump ‘n’ Run Manier hüpfen wir mit Quill über Geröll, klettern auf Vorsprünge und hangeln uns an Klippen entlang. Das funktioniert in der Regel ganz gut. Wegen der relativ ungenauen Sprung-Mechanik landen wir aber hin und wieder auch gerne im Abgrund.

In Moss wird die zauberhafter Geschichte des Buches Moss nachgespielt

Etwas unterfordernd halten wir das Kampfsystem, das bis zum Ende mit exakt einer einzigen Kombo daherkommt. Auch die Gegnerauswahl reduziert sich auf lediglich zwei fantasielose Gattungen von Insekten, wodurch die Kämpfe recht schnell repetitiv werden.

Auf Looten und Leveln oder das Grinden nach Waffen wird komplett verzichtet. Quill schwingt das gesamte Kurzabenteuer über dasselbe Schwert. Selbst ein Hub mit klassischem Energie- und Ausdauerbalken fehlt. So konzentriert sich Moss auf seine audiovisuellen Stärken sowie das Interagieren zwischen uns, dem Leser, und Quill. Und das funktioniert wunderbar.

Moss ist nämlich ein reines Feel-Good-Gewitter. Es braucht nur wenige Sekunden, bis uns unser Beschützerinstinkt dazu verleitet, dem tapsigen Wesen über Hindernisse zu helfen und anschließend endorphin-geladen den Kopf zu kraulen. What!? Wir können das süße Ding auch noch kraulen?Ja und zwar mit unserem Curser, der die Form einer leuchtenden Kugel hat. Einfach die Triggertaste des Controllers gedrückt halten und einmal über das Köpfchen wischen, genial. Eigentlich ein wenig zweckentfremdet, ist der Cursor doch für die vielen Rätsel gedacht, die in den Leveln integriert sind.

Spieler steuern eine mystische Gestalt, die einfach nur "Leser" genannt wird

Wenn wir also nicht gerade das Mäuschen betatschen, öffnen wir mit unserer Leser-Macht Tore, verschieben Steine und lähmen fiese Insekten, die unserer kleinen Heldin etwas antun wollen.Für den Fall, dass Quill trotz all unserer Mühe schaden erleidet, können wir sie in einem ruhigen Moment mit Heilkräften aufpäppeln. Dafür müssen wir sie nur greifen und gedrückt halten, bis sie sich wieder energiegeladen ins Getümmel werfen kann.

VR in Perfektion

Die Entwickler von Polyac Games achten auf die besonderen Umstände in der virtuellen Realität. So ist der Vorbeugung von Motion Sickness wegen, die Kamera fixiert, wodurch wir als Spieler seelenruhig auf die putzige Spielwelt herunterblicken.

Bedeutet auch, dass wenn wir unseren Kopf neigen, oder gar aufstehen, die Miniatur-Areale aus jedweder Perspektive betrachten können. Dieser Umstand wird sogar mit ins Gameplay integriert, indem wir einige der im Spiel verstreuten Collectables lediglich durch einen Positionswechsel entdecken können.

Mausedame Quill hat es faustdick hinter den Ohren

Ein weiterer Grafik-Clue: Durch den erhabenen Blickwinkel sehen wir in der Ferne teilweise bereits den nächsten Spielabschnitt. Die eigentlich recht engen Level wirken dadurch viel größer. Lediglich die kurzen Ladezeiten und Neuausrichtungen der Perspektive erinnern daran, dass wir uns nicht in einer Open World befinden.

Und auch wenn die begehbaren Level-Parts optisch ansprechend modelliert sind; seine schönste Seite zeigt Moss in der Peripherie. Wenn wir durch das dunkle Dickicht des Waldes streifen und vom glänzenden Sternenhimmeln begrüßt werden, stimmen wir uns stellenweise wahrlich melancholisch und genießen Atmosphäre der Königsklasse.

Wenn sich dann auch noch ein riesiger Hirsch aufrichtet und lautstark durch seine Nüstern prustet, während er neugierig die kleine Quill betrachtet, dann erwischen wir uns in einem Gänsehaut-Moment, der zukunftsweisend für die VR-Technologie ist.

Knifflige Rätsel gehören zum Standard-Repertoire von Moss

Fazit

Moss ist inszenatorisch klasse, keine Frage. Wenn wir aber für einen kurzen Moment die rosarote (VR-)Brille abnehmen und genau hinschauen, sehen wir wohl oder übel nichts weiter als einen generischen Jump ‘n’ Run. Einen Jump ‘n’ Run mit erstaunlich kurzer Spielzeit.Lediglich zwei bis drei Stunden dauert das Abenteuer, das neben einer austauschbaren Geschichte und blassen Gegnern eigentlich nicht viel außer eben der VR-Immersion zu bieten hat.

Ist die Niedlichkeit von Moss also reine Effekthascherei, die eine langweilige Spielmechanik versteckt? Nicht ganz! Denn das was Moss macht, und sei es noch so konservativ, macht es auch gut. Jump ‘n’ Run Elemente, Rätsel, VR-Steuerung?Alles funktioniert tadellos und ist stimmig. Polyarc Games hat verstanden, dass VR noch in den Kinderschuhen steckt. Um die Schönheit eines Spieles wie der von Moss perfekt einzufangen, dürfen wir Spieler nicht überfordert werden.

Moss: Quill schlägt zum Angriff

Buntes Geflimmer und anspruchsvolle Befehlseingaben mögen in Call of Duty “Daily Business” sein, führen in VR aber nur zu Übelkeit und Augenschmerzen. Moss hievt gerade wegen seiner Einfachheit den Begriff “Immersion” auf ein neues Level.Es ist wahrlich mal was Frisches, das sich von dem immergleichen VR-Sumpf aus Cockpit-Spielen und First-Person-Horror abhebt. Hoffen wir nur, dass sich das Spielprinzip bei einem etwaigen Sequel nicht abnutzt.

Ein neuer Teil ist noch nicht bestätigt. Das Ende von Moss gibt aber zumindest preis, dass es sich lediglich um Buch eins handelte. Von wie vielen wird sich zeigen. Eines steht jedenfalls fest: Moss gehört in jede Bibliothek von VR-Spielern!

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