Monster Sanctuary im Test (Switch): Pokémon trifft Metroidvania

von Marco Mainz

Als die Brüder Denis und Anton Sinner im Jahre 2015 die Idee für ein Spiel hatten, welches das Beste aus Pokémon und Metroidvania vereint, hätten Sie wohl nicht erwartet, dass das Interesse in diesen Mix groß sein würde. Etwas mehr als fünf Jahre und eine über 100.000 Euro schwere Kickstarter-Kampagne später, erblickt ihre Idee das Licht der Welt: „Monster Sanctuary“. Wir verraten euch, ob die großen Ambitionen der Brüder aus Langen auch große Früchte tragen können!

Auch wenn dieser ambitionierte Genre-Mix es vermuten lässt: Wir werden zu Beginn des Spiels weder von einem wissensdurstigen Professor noch von einem ausfallenden Bordcomputer eines Raumschiffs begrüßt. Stattdessen werden wir mit der Monsterzuflucht bekannt gemacht: ein Land fernab der Zivilisation, in welchem sowohl Monster als auch Menschen in Feindseligkeit zueinander leben.

Wilde Monster scheuen sich nicht, Menschen anzugreifen und sind nicht zähmbar. Anders verhält es sich bei Monstern, die bei Menschen aufgewachsen sind: Sie sind treue Gefährten und würden niemals einem Menschen schaden zufügen.

Menschen, die Monster aufziehen, sind die sogenannten Hüter. Als jüngster Nachfolger einer adeligen Blutlinie beginnt unsere Reise als Hüter nach der Auswahl unseres ersten Gefährten: dem Spektralwolf, dem Spektraladler, dem Spektralfrosch oder dem Spektrallöwen.

Gemeinsam begeben wir uns auf ein Abenteuer, um später als erfahrener Hüter zurück zu kehren. Ziel ist es, das Geheimnis der vermehrt auftauchenden, extrem starken Monster, den Champions, zu lüften.

Liebevolles Erscheinungsbild mit Makeln

Verpackt wird diese Geschichte in eine 2D-Sidescroller-Optik, die uns in Ihren Grundzügen an einen Mix aus klassischem Metroidvania-Leveldesign und mittelalterlichen Stil erinnert. Wir blicken auf schön gestaltete Landschaften, deren Erscheinungsbild von teilweise simpel gestalteten Monstern getrübt wird.

Trotzdem schafft es Monster Sanctuary, uns vollends in die Welt der Monsterzuflucht einzutauchen: das Gesamtbild wirkt stimmig und wir fühlen uns nicht durch einzelne Bilder aus der Welt herausgerissen.

Das stimmige Erscheinungsbild wird mit passenden Melodien begleitet. Je nachdem, ob wir uns in einem ländlichen Gebiet, einer Höhle oder einem aufwendigen Kampf gegen einen Champion befinden: Monster Sanctuary untermalt die jeweilige Situation stets passend zu unserer aktuellen Lage.

Das Indie Game bietet uns dabei wenig Abwechslung. Selbst im späteren Spielverlauf werden uns die gleichen Melodien geboten, die wir auch schon in den ersten 60 Minuten hören durften. Das wirkt mit voranschreitender Spieldauer etwas monoton, wenngleich es der Qualität der einzelnen Melodien keinen Abriss tut.

Simples Metroidvania mit tiefgehender Kampfdynamik

Während das Art- und Sounddesign nicht auf ganzer Linie überzeugen, wird uns die eigentliche Stärke von Monster Sanctuary offenbart. Es sind die Gameplaymöglichkeiten mit all ihrer Vielfalt. Den Anfang macht das ausgeklügelte System der Monster-Rekrutierung.

Anstatt die Monster zu überreden, sich uns anzuschließen oder sie in viel zu enge Gefäße zu sperren, entscheidet unser persönlicher Kampfstil darüber, ob wir einen neuen Begleiter begrüßen dürfen oder nicht.

Je nachdem, wie effektiv wir kämpfen, erhöht sich die Chance, dass das besiegte Monster ein Ei fallen lässt. Dieses Ei können wir zu einem von uns ausgewählten Zeitpunkt ausbrüten, um das besiegte Monster in unser Team aufnehmen zu können.

Hierbei gilt aber einiges zu beachten: Es ist nicht jederzeit von Vorteil, ein Monster direkt auszubrüten. Das geschlüpfte Monster erhält immer das Level unseres stärksten Begleiters. Somit kann es von Vorteil sein, vielleicht noch das eine oder andere Level abzuwarten, um direkt nach dem Ausbrüten ein stärkeres Monster mit einem von Beginn an größeren Skillbaum zu erhalten.

Taktische Finesse mit den Skill-Bäumen

Diese Skillbäume stellen für jedes Monster einen individuellen Weg dar. Hier ein Beispiel: Wir können zwei Eier des gleichen Monsters des Elements Wind/Feuer ausbrüten und beide jeweils unterschiedlich skillen. Somit steht uns später potenziell ein starker Angreifer des Windelements zur Verfügung, während wir ebenfalls einen starken Feuerangreifer herangezüchtet haben. Gerade im späteren Spielverlauf ist es wichtig, eine große Varianz in unserem sechsköpfigen Team zu haben, um potenzielle Stärken ausnutzen und Schwächen abwehren zu können.

Praktisch: Wir können uns verschiedene Teamzusammenstellungen abspeichern und jederzeit vor Beginn eines Kampfes wechseln. So müssen wir gerade bei den immer aufwendiger werdenden Kämpfen im späteren Spielverlauf nicht immer jedes Monster einzeln auswechseln.

Neben dem ohnehin schon vielfältigen Skillsystem besteht die Möglichkeit, bestimmte Monster an festgelegten Orten mit vorgegebenen Items weiterzuentwickeln. Aber Vorsicht, nicht immer ist die Entwicklung eines Monsters von Vorteil.

Bei einer Weiterentwicklung ändert sich nämlich die Zusammenstellung der Elemente unseres Begleiters. So kann aus einem starken Feuer/Wind-Angreifer auch schnell ein Wasser/Pflanze-Angreifer werden, der uns aktuell nicht weiterhelfen würde.

Abwechslung und Tiefe dank Online-Modi

Auch für die Sammler unter uns bietet Monster Sanctuary Anreize. Bereits bekämpfte Monster werden in unserem Monsterbuch registriert und wir bekommen sämtliche Hintergrundinformationen zu der bezwungenen Kreatur. Gerade wenn wir tiefer in die Geschichte eintauchen möchten, bringt uns das Wissen über jedes einzelne der insgesamt 101 Monster voran.

Diese Tiefe hilft uns sehr gut dabei, über die immer wiederkehrenden Rätsel außerhalb des Kampfgeschehens hinweg zu sehen. Die Hüpfpassagen außerhalb der Kämpfe werden zwar mit fortschreitender Spielzeit nicht herausfordernder – die passiven Monsterfähigkeiten ersetzen aber gelungen die klassischen Metroidvania-Fähigkeiten bzw. -Waffen, die zum Vordringen in neue Gebiete vonnöten sind.

Abgerundet wird dieses komplexe Spielsystem durch einen gerade für die kompetitiven Spieler unter uns interessanten Modus: die Online-Rangliste. Je nachdem, wie viele Champions wir im Verlauf der Geschichte besiegen konnten, bekommen wir die Möglichkeit uns mit anderen Spielern aus aller Welt zu messen. Ist unsere Skillung die bestmögliche? Ist unser Monster unbesiegbar?

Finden wir es heraus! Hier bietet sich nahezu endloses Potenzial für die Weiterentwicklung und Optimierung unseres Teams. Möchten wir nicht alle herausfinden, wie lange wir trainieren müssen, bis unser Team unbesiegbar ist?

Fazit

Mit Monster Sanctuary erwartet uns auf den ersten Blick ein ungewöhnlicher Mix aus Pokémon und Metroidvania – auch wenn es mehr verdient hat als diesen simplen Vergleich. Wir durften einen packenden Mix verschiedener Genres erleben, dem der offensichtliche Schwerpunkt auf den Rollenspielelementen keineswegs schadet.

Diese Kombination gepaart mit dem stimmigen Gesamterscheinungsbild und dem passenden Soundtrack hat uns binnen kürzester Zeit in seinen Bann gezogen. Auch wenn das Spiel seine offensichtlichen Schwächen nicht verbergen kann – jedem Fan von Pokémonartigen Games und auch denen, die einem seichten Metroidvania nicht abgeneigt sind, können wir Monster Sanctuary uneingeschränkt empfehlen.

Solltet ihr auf der Suche nach herausfordernden Hüpfeinlagen und intensiven Metroidvania-Erfahrungen sein, empfehlen wir euch, auch ein paar Let’s Plays anzuschauen, um zu sehen, ob es das richtige für euch ist.

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