Ashwalkers im Test (PC): Ein dystopischer Kurztrip in grau

von Marco Mainz

Auch nach einer Apokalypse muss es ja irgendwie weitergehen – zumindest für die, die überlebt haben. In Ashwalkers steuert ihr vier Scouts, die ausgesandt werden, um einen neuen Zufluchtsort für die Zurückgebliebenen zu finden. Ob das gelingt, hängt von euren Entscheidungen und dem gezielten Einsatz von Ressourcen ab.

Ursprünglich war Ashwalkers ein reines Studentenprojekt. Doch Hervé Bonin, einer der Schöpfer des Adventure-Erfolgs Life is Strange, sah Potenzial in dem Titel und nahm die jungen Entwickler unter seine Fittiche. Gemeinsam feilten sie für sein Studio Nameless XIII an einem storylastigen, postapokalyptischen Survival-Adventure, das sich bei jedem Durchgang anders spielen soll. Ob es das tut? Eher nicht, ein gutes Spiel ist Ashwalkers trotzdem.

Mit Hoffnung durch die Apokalypse

Getrieben von der Hoffnung auf ein neues Zuhause lotst ihr euer vierköpfiges Squad durch eine Welt, die ihre besten Tage fraglos hinter sich hat. Ressourcen sind knapp und wie ihr mit ihnen haushaltet, ist beinahe ebenso wichtig wie die Entscheidungen, die ihr unterwegs trefft.

Die erste im Spiel betrifft einen Wolf, der sich euch plötzlich in den Weg stellt und euch vor die Wahl stellt, wie ihr diese brenzlige Situation meistern wollt: Den Wolf anschreien, in der Hoffnung ihn einzuschüchtern? Ihn angreifen? Ihn mit Feuer verscheuchen, was jedoch kostbares Brennholz verbraucht? Oder das Heil in der Flucht suchen?

Ashwalkers ist in grau gehalten

Optisch setzt Ashwalkers auf eine in Graustufen gehaltene Cel-Shading-Optik. Farbe kommt lediglich in Form von Verletzungen oder Blut ins Spiel. | Bildquelle: eigener Screenshot

Für welche Möglichkeit ihr euch auch entscheidet – ihr müsst mit den Konsequenzen leben, mit den Verletzungen, die Squadmitglieder erleiden können, mit dem Verlust der vielleicht letzten Ressourcen oder einer gesunkenen Moral, die sich in der Folge negativ auswirken kann.

Die Endzeit haben wir uns kniffliger vorgestellt

Während eurer Reise begegnet ihr wilden Tieren und mehr oder weniger wilden Menschen und entscheidet, ob ihr ihnen freundlich oder feindlich gegenüber tretet. Ihr stoßt auf Relikte, die euch mitunter wertvolle Informationen für spätere Probleme liefern, und erhaltet Gelegenheit, neues Brennholz, Nahrung und Medikamente zu sammeln.

Welche eurer Squadmitglieder etwas zu essen und medizinische Versorgung bekommen, weist ihr an Lagerfeuern zu. Dort legt ihr auch fest, wer Wache hält, wer schlafen darf und wer die Gegend erkundet. Auch Gesprächstherapie könnt ihr anordnen, was sich positiv auf die Moral auswirkt. Ruhe dagegen regeneriert die Energie der vier Protagonisten und Nahrung sowie Feuer bewahrt sie vor dem Hunger- bzw. Kältetod.

So richtig spitz auf Knopf stand es während meiner drei Durchgänge jedoch selten. Nur einmal habe ich ein Squadmitglied verloren, weil das Wetter plötzlich so widrig wurde, dass lange kein Lagerfeuer mehr möglich war und meine letzte Rast schon eine Weile zurücklag.

In Ashwalkers erholen sich Squad-Mitglieder

An Lagerfeuern regeneriert ihr eure vier Squad-Mitglieder und weist ihnen nach Bedarf Aufgaben zu. | Bildquelle: eigener Screenshot

Beenden lässt sich das Spiel aber auch mit einer dreiköpfigen Gruppe, theoretisch sogar mit einem einzigen Protagonisten. Ashwalkers ist kein schweres Spiel, der Survival-Aspekt ist ganz klar vorhanden, dominiert aber nicht, was ich durchaus als angenehm empfand.

Die Charaktere bleiben blass

Auch das Mikromanagement artet nie aus, der Fokus liegt auf der Story und dem Erleben der Endzeit-Welt, deren Stimmung von der in Graustufen gehaltenen Cel-Shading-Optik gut transportiert wird. Zur Atmosphäre trägt der Artstyle definitiv bei, ebenso wie die reduzierte, aber situativ gut eingesetzte Musikuntermalung.

Eine Sprachausgabe gibt es nicht, aber die Texte sind fast alle kurz gehalten und sollten selbst lesefaulere Spieler nicht verschrecken. Während ich den Storyentwicklungen gerne gefolgt bin, haben mich die Lagerfeuer-Konversationen enttäuscht zurückgelassen: Die Charaktere geben wenig Spannendes oder Erhellendes von sich, es bleibt bei Phrasen und Belanglosigkeiten.

Die Chance, den Protagonisten Profil zu verleihen, haben die Entwickler leider verpasst, denn auch persönliche Hintergründe sind Fehlanzeige und so hatte ich nie das Gefühl, Petra, Sinh, Kali und Nadir wirklich zu kennen. Sie sind wenig mehr als wandelnde Sprites, was für ein storygetriebenes Survival-Spiel nicht gerade ideal ist.

Erzählt wird die Geschichte auch mittels animierter Texttafeln. Die deutsche Übersetzung ist gelungen. | Bildquelle: eigener Screenshot

Die anfangs schlauchartige Welt öffnet sich im Verlauf der Reise. Wirklich vom Weg abweichen könnt ihr zwar nicht, hin und wieder müsst ihr euch jedoch für eine von mehreren Routen entscheiden, was deutliche Auswirkungen auf die möglichen Enden hat.

Die Story ist kurz, bietet aber viele Enden

34 verschiedene versprechen die Entwickler und der finale Bildschirm lässt mich glauben, dass das auch stimmt, wenngleich sich manche der Enden sicher nur in Nuancen unterscheiden. Die drei Runs, die ich absolviert habe, brachten allerdings vollkommen unterschiedliche Resultate. Zwei von dreien waren alles andere als Happy Ends – aber solche hat mich das Setting auch nicht erwarten lassen.

Dass ich nach dem ersten, etwa dreistündigen Durchgang unzufrieden vor dem Schluss-Screen saß, lag eher daran, dass ich gefühlt auf die letzten, entscheidenden Entwicklungen des Spiels nicht wirklich Einfluss nehmen konnte. Der zweite und dritte Run, die jeweils nicht länger als zwei Stunden gedauert haben, waren am Ende befriedigender weil beeinflussbarer.

Einen vierten Versuch werde ich aber wohl nicht mehr starten, denn wenngleich die kurze Spielzeit durchaus dazu verleitet, so fällt die Spannung nach dem zweiten Durchlauf doch merklich ab: Sämtliche Begegnungen sind geskriptet und so weiß man nicht nur, was einen erwartet – man weiß auch schon, was funktioniert hat. Oder eben nicht.

Ashwalkers: Schöne Aussicht in der Apokalypse

Mit seinen Arealen kann Ashwalkers nicht immer punkten. Einige Hingucker gibt es aber doch. | Bildquelle: eigener Screenshot

Kleinere Bugs und Logikfehler (die Protagonisten frieren zum Beispiel auch in der sengend heißen Wüste) trüben das Spielvergnügen nur unwesentlich, lediglich die deutlichen Framerate-Einbrüche und Crashs im letzten Gebiet waren doch etwas nervig, sind womöglich aber auch der Vorabversion vor dem Release geschuldet.

Fazit

Ich hatte eine gute Zeit mit Ashwalkers, vor allem der erste und mit Abstrichen auch der zweite Durchgang waren kurzweilig, spannend und interessant. Obwohl die Squad-Mitglieder allesamt blass bleiben, habe ich sie gerne durch die atmosphärische Endzeitwelt begleitet.

Die Motivation wird durch Begegnungen und Entscheidungen hochgehalten, letztere könnten für meinen Geschmack aber durchaus noch härter und quälender sein. Zudem hat eine bestimmte Vorgehensweise, die ich hier nicht spoilern möchte, nahezu immer zum Erfolg geführt und in späteren Runs werden auch die Ressourcen kaum noch knapp.

Der Wiederspielwert ist deshalb nicht so hoch wie es mich die vielen möglichen Enden zunächst hoffen ließen, aber natürlich muss man auch sehen, dass dieses stimmungsvolle kleine Spiel aus einer Sieben Mann-Schmiede stammt.

Eine neue Genrereferenz ist Ashwalkers definitiv nicht geworden, eine Empfehlung für Freunde storylastiger Abenteuerspiele aber allemal.

Hat euch der Artikel gefallen? Weitere Spiele-Tests findet ihr hier.

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