NUTS im Test (PC): Auf der Jagd nach quirligen Eichhörnchen

von Marco Mainz

Im Adventure-Spiel NUTS geht es um die Beobachtung von Eichhörnchen in einem abgelegenen Wald. Mit Kameras und einem Wohnwagen ausgestattet, gilt es ihre Verhaltensweisen zu erforschen und zu dokumentieren. Doch wahren Rätselfans zeigt sich schnell, dass mehr hinter dieser Mission steckt.

In NUTS geht es um die Beobachtung von Eichhörnchen. Das wirkt banal, aber es lohnt ein zweites Hinsehen, denn die ruhige Simulation entwickelt sich zum packenden Abenteuer. Die Hauptperson, aus deren Perspektive die Story erzählt ist, wird für einen Job im Melmoth-Forst engagiert.

Dort angekommen, bezieht sie einen Wohnwagen und bekommt die Ausrüstung vor die Tür geliefert, die aus Kameras und Bildschirmen besteht. Die Arbeit besteht darin, den Lebensraum und das Verhalten von Eichhörnchen zu dokumentieren und so zu verhindern, dass der Wald dem kommerziellen Raubbau zum Opfer fällt. Über Telefon wird mit der einzigen Kontaktperson Nina kommuniziert, die vor jedem Auftrag Arbeitsanweisungen gibt und die Ergebnisse abnimmt.

Simple Mechaniken

Anfangs steht nur eine Videokamera zur Verfügung, mit der ein Eichhörnchen zu seinem Vorrat verfolgt werden muss. Wir werden so behutsam an die Mechanik herangeführt. Später im Spiel stehen dann drei Kameras zur Verfügung, da die Aufgaben komplexer werden. Der Tagesablauf ist stets identisch: Tagsüber werden die Kameras positioniert, denn im Gegensatz zur biologischen Realität sind die Eichhörnchen nachtaktiv.

 
Optional können wir mit einer Sofortbildkamera Fotos schießen und die Umgebung erkunden. Ist alles vorbereitet, beenden wir den Tag, indem wir den Recording-Knopf am Monitor betätigen. Direkt im Anschluss sehen wir auf den Bildschirmen die Aufnahme der quirligen Nager an. Daraus entnommene Standbilder drucken wir aus und faxen sie an Nina, die anruft und uns auf den neusten Stand bringt. Öffnen wir die Tür, beginnt ein neuer Tag.

Die Steuerung ist simpel und dank ausgewählter Optionen selbsterklärend. Es stehen neben den üblichen Aktionen Laufen, Ducken, Rennen, noch Fotografieren und Interagieren zur Verfügung. Das wirkt gut durchdacht und auf das Nötigste reduziert. Selbst Anfängern dürfte die Steuerung keine Probleme bereiten.

Dank eines Tagebuchs lassen sich stets die aktuellen Aufgaben und Fotos aufrufen, sodass die Übersicht nie verloren geht. Ein GPS-Gerät ermöglicht eine einfache Orientierung, da sowohl die Kameras als auch der Wohnwagen darauf angezeigt werden, Verirren ist also nicht möglich. Die Gebiete sind überschaubar groß und bieten nur wenig Raum zur freien Erkundung. Trotzdem ist mit wenigen Ausnahmen kaum wahrscheinlich, zufällig über ein Ziel zu stolpern.

Schöne, einzigartige Grafik

Jedes Kapitel spielt in einem anderen Abschnitt des Waldes. Daraus resultiert auch eine Änderung der Farbgebung, sodass eine visuelle Abgrenzung der Orte stattfindet. Die Grafik ist einzigartig und eines der auffälligsten Merkmale des Spiels. Sie ist minimalistisch aus wenigen, knalligen Farben in grellen Kontrasten aufgebaut. Meist eine Kombination aus gelb/orange und lila/pink sowie blassblau und -grün.

Gegenstände, mit denen eine Interaktion möglich ist, heben sich farblich ab und sind deshalb gut zu erkennen, der Hintergrund ist in weniger auffälligen Farbtönen schattiert. Texturen bleiben minimal, Felsen bestehen aus wenigen Strichen, Bäume sind kaum mehr als Schattenrisse vor einem dunstigen Himmel. Dieser simple Kniff verfehlt seine Wirkung nicht: Obwohl NUTS sicher kein Horrorspiel ist, kommt dadurch eine beklemmende Atmosphäre auf.

Nachts wird die Farbgebung ins Negative verkehrt. So lassen sich die Tageszeiten intuitiv unterscheiden. Entwickler Jonatan „Joon“ Van Hove beschreibt den Weg zu dieser einzigartigen Farbgebung als Prozess, im Laufe dessen mit der ganzen Farbpalette experimentiert wurde, statt sich nur auf einen einzigen Kontrast zu beschränken.

Da es keine Schatten gibt, sondern Farben mit der Entfernung wie im Nebel verblassen, kommt das Licht von überall und nirgends. Die Stimmung wird von Sounddesignerin Almut Schwacke subtil unterstrichen. Düstere, dröhnende Klänge an der Grenze zum Bedrohlichen dominieren das Klangbild.

Sie sind stets leiser als die Hintergrundgeräusche wie beispielsweise die eigenen Schritte und verschmelzen mit der Atmosphäre. Die vom selbst Entwickler als Foley-Soundscape bezeichnete Geräuschkulisse ist exzellent gelungen: so klappert der Videorekorder, rascheln die Bäume oder quaken Frösche in einem sirrenden Sumpf. Trotz der abstrakten Farbgebung gelingt eine perfekte Immersion.

Der Schwierigkeitsgrad bewegt sich zwischen einfach und leicht fordernd. Besondere Denkaufgaben werden nicht gestellt, da das Verfolgen der Eichhörnchen mitunter auch Glückssache ist. Aber darum geht es gar nicht. Dank der geradlinig erzählten, mit einfachen Mitteln realisierten Story kommt ein intensives Erlebnis zustande, das gegen Ende hin sogar einige Schreckmomente parat hält.

Die Eichhörnchen-Simulation wurde von fünf Personen entwickelt: Almut Schwacke, Jonathan „Joon“ van Hove, Pol Clarissou, Charlene Rutney und Torfi Ásgeirsson. Die deutsche Sounddesignerin spricht sogar selbst Kontaktperson Nina. Obwohl NUTS auf Deutsch spielbar ist, gibt es nur die englische Synchronisation.

Fazit

NUTS ist gleichermaßen Botschaft wie Spiel. Entwickler Jonatan Van Hove hat sich dazu geäußert und sie mit „ästhetisches Erleben von Machtlosigkeit“ umschrieben. Was er damit meint, lässt sich anhand eines Beispiels erläutern. Immer wieder findet der Spieler alte Tapes von Nina, die in der Vergangenheit bereits eine ähnliche Mission im Wald verfolgt hat.

Ohne deren Inhalt vorwegzunehmen, ist klar: obwohl sie damals Erfolg hatte, steht das Forschungsteam nun erneut vor der gleichen Aufgabe. Und die Isolation, die erlebte Machtlosigkeit, während man Stück für Stück der Wahrheit auf den Grund geht, sie sind so aktuell wie nie. Umso wichtiger, so betont Joon, sei es, die kleinen Siege zu feiern.

Die anfangs langweilig anmutende Prämisse entwickelt einen Sog, der den Spieler Tag um Tag rätseln lässt, wozu er nächtelang Eichhörnchen filmt. Die mit etwa fünf Spielstunden eher kurze Story hält ein paar Überraschungen bereit und verdient sich die Bezeichnung „mitreißend“.

Ein paar Kritikpunkte lassen sich an dem knackigen Abenteuer dennoch finden: An einer Stelle hat ein Bug das Weiterspielen unmöglich gemacht und ein Zurücksetzen auf den letzten Speicherstand erfordert. Das ist umso ärgerlicher, da das automatische Speichern nur an bestimmten Punkten erfolgt und manuelles Speichern nicht möglich ist. Kein dramatischer Minuspunkt, da NUTS aufgrund seiner Länge problemlos am Stück durchspielbar ist, aber es sollte erwähnt werden.

Wer sich darauf einlassen kann, den erwartet ein Stück Kunst mit einem Anteil Sozialkritik und einer Prise Mystik. NUTS reiht sich in eine Galerie beeindruckender Spiele ein, die sich dank außergewöhnlicher Ansätze ihren Platz in der Branche verdienen.

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