Through The Darkest of Times im Test (PC): Widerstand gegen das Nazi-Regime

von Marco Mainz

Es polarisierte bevor es überhaupt erschienen ist und gewann Preise, einzig und allein bemessen nach der Idee: Through The Darkest of Times. Das 2018 prämierte Indie Game vom Berliner Studio Paintbucket Games hat die Hakenkreuzdebatte in Deutschland befeuert und einen wichtigen Präzedenzfall in der Videospiellandschaft geschaffen. Doch wie spielt sich das so viel besprochene Werk eigentlich? Wir haben es getestet!

Die Sache mit den Hakenkreuzen

Ob die Entwickler Sebastian Schulz und Jörg Friedrich mit so viel Aufmerksamkeit gerechnet haben? Die beiden Berliner Entwickler haben mit ihrem narrativen Strategiespiel zur Nazi-Zeit Through The Darkest of Times dafür gesorgt, dass strikt verbotene Nazi-Symbolik wie Hakenkreuze oder Hitlergrüße nun auch in Videospielen gezeigt werden dürfen – Stichwort “Sozialadäquanzklausel”.

Dieser nach dürfen verfassungsfeindliche Symbole dann doch verwendet werden, wenn die Darstellung jener zur Aufklärung oder dem Schutze “verfassungswidriger Bestreben” dienlich sind. In Videospielen hat diese Klausel bisher keine Anwendung gefunden, da als nicht kulturell wertvoll eingeordnet. Das hat sich dank des Werkes der Berliner Entwickler nun geändert.

Im Untergrund formiert sich der Widerstand gegen das Regime | Bildquelle: HandyGames

Der Anfang vom Bösen

Startschuss des Spiels ist der 1. Februar 1933, der Tag nach der Ernennung von Adolf Hitler zum Reichskanzler. Im Land herrscht große Aufruhr. Die Medien berichten. Einige ahnen nichts Gutes und formieren sich. Ihr seid einer von ihnen und schlüpft in die Rolle eines Widerstandskämpfers in Berlin. Gemeinsam mit zwei weiteren Werte-Genossen macht ihr euch auf, um Mitglieder für den Widerstand zu rekrutieren und die Menschen im Lande aufzuklären. Alles entsprechend der Geschichte aus dem Untergrund heraus agierend.

Das Studio legt großen Wert auf die Inszenierung. In Form einer kalten Narrative wird die Geschichte von der Machtergreifung der Nazis bis zum Kriegsende aus Sicht eures Widerstandes gezeigt. Informationen erhaltet ihr lediglich über die Presse, Informanten oder sonstige persönliche Quellen.

Dabei gibt das Spiel mit seinen Charakteren erschreckenden Einblick in die zunehmende Verrohung und Indoktrinierung der Menschen durch die Nazis preis. Die nette kuchenbackende Nachbarin von nebenan wird zur Antisemitin, die einst unschuldigen Kinder aus dem Vorort zu stolzen SS-Soldaten. Diese moralische Entwicklung hat man selten so entschleunigt kredenzt bekommen.

Von eurem Hauptquartier in Berlin startet ihr Operationen gegen die Nazis. | Bildquelle: HandyGames

Mit Multikulti gegen faschistische Ideologie

Um das Nazi-Regime zu stürzen, plant ihr fortan geheime Operationen aus eurem Hauptquartier heraus, das sich (wohl nicht ganz zufällig) am Kreuzberger Standort der heutigen Büroräume der Entwickler befindet. Dabei ist es wichtig, Widerstandskämpfer passend nach ihren Fähigkeiten für bestimmte Aufgaben einzuteilen. Für das Sammeln von Spenden sollte die Person beispielsweise empathisch sein. Für das Akquirieren neuer Widerstandskämpfer ist dagegen ein Hoher Wert in Propaganda wertvoll.

Insgesamt gibt es fünf Attribute, die für die unterschiedlichen Aktionen benötigt werden. Ganz klassisch gilt hier: Je höher der Wert, desto wahrscheinlicher ist die Aussicht auf Erfolg für die jeweilige Aktion. Nach einer Weile können die einzelnen Attribute wie in RPGs verbessert werden.

Dazu gibt es die persönlichen Eigenschaften Beruf, politische Orientierung sowie das Gemüt. Auch diese Eigenschaften sind für die Operationen relevant. Die Arbeiterklasse folgt beispielsweise nicht so schnell den Worten eines Akademikers wie denen eines Schneiders.

Wöchentlich bekommt ihr durch die Presse Neuigkeiten über die Entwicklung des Regimes. | Bildquelle: HandyGames

Wählt beim Zusammenstellen eurer Bewegung also die Mitglieder mit bedacht aus und habt im besten Falle Menschen aller Klassen in eurer Gruppierung. Wir finden, besonders dieses, wenngleich kleine, Element ist besonders gut in das Spiel eingebettet. Immerhin haben sich zu Zeiten des Nazi-Regimes wirklich Menschen unterschiedlichster sozialer Herkunft und politischer Orientierung zusammengetan.

Die Operationen werden in Wochenschritten durchgeführt. Jedes eurer Widerstand-Mitglieder kann dabei für lediglich eine Aktion abgestellt werden. Ihr müsst entsprechend eure Ressourcen gut einplanen, sodass die Moral und Anzahl von Unterstützern hochgehalten werden.

Die Unterstützer versorgen euch mit wichtigen Geldspenden, die ihr im Laufe der Geschichte für Propaganda-Instrumente wie Flugblätter einsetzen könnt. Niedrige Moral erhöht indes die Gefahr, dass sich der Widerstand auflöst und das Spiel beendet.

So klar wurde Antisemitismus zur Nazi-Zeit noch nie in einem Videospiel thematisiert. | Bildquelle: HandyGames

Zwischen den einzelnen spielbaren Wochen wird immer wieder die Story in einfach gehaltenen Animatics erzählt. Zur Auflockerung derer gibt es hin und wieder Interaktionsmöglichkeiten, wobei diese den Geschichtsverlauf nur am Rande beeinflussen.

Fazit

Eines der wohl polarisierendsten Videospiele der vergangenen Jahre ist endlich erschienen. Branchen-Preisträger, kulturell hochwertiges Prestige-Projekt oder schlicht historisch aufarbeitend. Wie auch immer man Through The Darkest of Times in Erinnerung halten möchte, eines ist unbestritten: Das Spiel hat eine gewaltige Lanze für die deutsche Gamingbranche gebrochen.

Spielerisch durchaus solide, mechanisch wenig glänzend, narrativ dafür enorm ergreifend. Letzteres ist es, was den Titel ausmacht. Unseres Erachtens würdig genug, um auch als aufklärendes Medium mit Interaktionsmöglichkeit im Bildungssektor zu fungieren.

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