Growbot im Test (PC): Natur und Technik in harmonischem Einklang

von Marco Mainz
Growbot Star Belly

Wenn die Welt in Gefahr ist, braucht es manchmal nur eine kleine Heldin und mutige Mitstreiter, um den Frieden zu wahren. Das Point-and-Click-Adventure Growbot erzählt die einnehmende Geschichte eines kleinen Robotermädchens, das über sich hinauswächst. Wir haben das Indie Game getestet.

Growbot basiert auf den Zeichnungen der britischen Illustratotin Lisa Evans, die 2018 ihr eigenes Entwicklerstudio Wabisabi Play gegründet hat, um ihren Zeichnungen Leben einzuhauchen.

 
Dazu hat sie sich mit dem deutschen Publisher Application Systems Heidelberg (The Longing; Mutropolis) zusammengetan. Zusammen erschaffen sie eine einzigartige Fusion aus Kunst, Musik und einer herzerwärmenden Story.

Eine kristalline Bedrohung

Eine kurze Einleitung erklärt, was wir wissen müssen: Nara, ein junger Growbot, tritt ihren Dienst auf einer von sechs Raumstationen an. Nara weiß noch gar nicht recht, was sie erwartet, da gerät ihr Tag auch schon aus den Fugen.

Blaue, schnell wachsende Kristalle überwuchern plötzlich die Station und Nara findet sich allein einer seltsamen Macht gegenüber, die bedrohliche Pulse durch die sonst so friedliche Station sendet. Einzig Starbelly, ein flauschiges Hologramm, ist noch munter und kann ihr weiterhelfen im Kampf gegen die kristalline Macht.

Und natürlich ihr Brainapilla, das fortan in ihrem Kopf umhergetragen wird. Wie alle Wesen in Growbot ist auch das Brainapilla enorm knuffig, doch es kann noch mehr. Es hilft Nara und uns, sich zurechtzufinden in einer völlig neuen Umgebung, die ganz unerwartete Gefahren bereithält.

Rätseln in freundlicher Atmosphäre

Obwohl wir mit der Story und den dramatischen Entwicklungen innerhalb weniger Minuten überrumpelt werden, fällt der Einstieg nicht schwer. Dafür sorgt eine einfache Bedienung, die ganz Point-and-Click-typisch schlicht gehalten ist, und eine angenehme Übersichtlichkeit.

Growbot Nara

Naras Leben gerät gehörig aus den Fugen, als seltsame blaue Kristalle die Station angreifen. | Bildquelle: Application Systems Heidelberg

Räume, die nicht benötigt werden, sind auch nicht zugänglich. Verwendbare Items landen direkt im Inventar, storyrelevante Items werden uns erklärt und liegen übersichtlich rechts und links unseres Bildschirms, je nachdem, ob sie uns dauerhaft zur Verfügung stehen oder nicht. Durch Ziehen können wir sie kombinieren oder verwenden.

Da Growbot ein klassischer Puzzler ist, kommt auch das Rätseln nicht zu kurz. Die Rätsel reichen von banal, wie beispielsweise das Kombinieren von Zutaten zu einem Rezept, zu anspruchsvoll. Dabei sind sie aber meist selbsterklärend und nie unfair.

Wir mussten uns zwar des Öfteren den Kopf zerbrechen, dabei kam aber nie Frust auf. Die Funktionsweise der Rätsel lässt sich durch Herumprobieren schnell erfassen und eine Gefahr droht dabei auch nicht. Stattdessen sorgt das ansprechende akustische Feedback für eine dichte Atmosphäre.

Growbot Items

Viele Items? Kein Problem, der Platz auf dem Bildschirm ist übersichtlich aufgeteilt, sodass auch komplexe Umgebungen nicht zu kurz kommen. | Bildquelle: eigener Screenshot

Hör, wie süß die Blumen klingen!

Apropos Atmosphäre: Growbot erschafft mit den fein detaillierten und sorgfältig abgestimmten bunten Szenerien für eine ganz eigene Umgebung voller Leben. Kleine Cutscenes belohnen mit Farbexplosionen für das Lösen besonders kniffliger Rätsel.

Überall sind bunte Blumen, kleine niedliche Wesen oder biomechanische Apparaturen, zu denen auch die Growbots zählen. Viele der Wesen sind „vertont“ in dem Sinne, das sie vor sich hin summen oder piepen: Starbelly brummt sehr tief, Nara piept eher monoton, ein sprechendes Korallenriff liegt irgendwo dazwischen.

Neben den Dialogen hat uns auch die Musik in den Bann gezogen. Die lockeren, schwebenden Klänge mit hellen Vocals passen perfekt zur blühenden Szenerie. Und nicht nur das, sie sind auch in die Story eingewoben.

Growbot Katze

Was diese geheimnisvolle Katze wohl zu sagen hat, würde sie nicht gerade friedlich schlafen? | Bildquelle: eigener Screenshot

Nara kann eine Apparatur bedienen, die es ihr erlaubt, Schilde mit den Klängen von Blumen zu deaktivieren. Das ist ebenso kreativ wie zugänglich. Gegen Ende des Spiels tauchen immer mehr musikbasierte Rätsel auf, teilen sich aber die Arbeit mit klassischen Schiebe- und Labyrinth-Rätseln.

Fazit

Wenn die Rätsel das Herzstück von Growbot bilden, dann ist die Geschichte das Blut. Obwohl es sich um eine bodenständige Story handelt, die sich Zeit nimmt, Naras Persönlichkeit und die Motivation ihres Gegenspielers auszuarbeiten, füllt sich die Welt subtil mit Informationen über die Lebensweise und die Geschichte der Growbots.

So fühlt sich das knapp dreistündige Abenteuer viel länger an und ist dennoch kurzweilig. Wir finden, dass das Finale auch durchaus etwas mehr Raum hätte bekommen dürfen, aber das ist Meckern auf hohem Niveau.

Growbot ist langsam, aber nie langweilig, schön, aber nie oberflächlich und klangstark, aber nie aufdringlich vertont. Lisa Evans hat es geschafft, ihre Vision in ein Point-und-Click zu verwandeln, das sich vor seinen Inspirationen nicht zu verstecken braucht.

Da sind auch ein paar etwas zermürbende Rätsel und ein etwas unübersichtliches Dialogsystem einfach zu verschmerzen. Nara stellt sich stellvertretend für jede:n von uns einer Gefahr, die ihr ganzes Lebensumfeld bedroht. Es macht Freude, den vielen kleinen und großen Kreaturen zu helfen und sich am Ende der Wahrheit zu stellen.

Für alle Fans von lebendigen, bunten und harmonischen Abenteuern sowie für Hobby-Astrobiologinnen und -biologen.

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